Ein Gesetz ist nur so gut, wie es umgesetzt wird. Das gilt besonders für das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz: damit es seinem Sinn und Zweck gerecht wird, Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden in den Lieferketten hiesiger Unternehmen zu verhindern und die Rechte von Arbeiter*innen zu schützen, darf es kein Papiertiger bleiben. Besonders entscheidend ist in dem Zusammenhang der Aufbau der für die Durchsetzung des Gesetzes zuständigen Stelle im Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Dem BAFA wurden im Gesetz – gewissermaßen als Ausgleich zur fehlenden zivilrechtlichen Haftung – umfangreiche Eingriffs- und Kontrollbefugnisse zugewiesen. So obliegt es ihm, die jährlichen Berichte der Unternehmen zu überprüfen und, sofern es die darin beschriebenen Sorgfaltsmaßnahmen für nicht ausreichend erachtet, Nachbesserungen zu verlangen. Die Unternehmen müssen dabei mitwirken, andernfalls drohen ihnen Zwangs- und Bußgelder.
Von seinen Befugnissen muss das BAFA vollumfänglich Gebrauch machen. Richtschnur der Kontrolltätigkeit des BAFA muss sein, ob Unternehmen Sorgfaltsmaßnahmen umsetzen, die im Sinne der Ziele des Gesetzes wirksam sind. D. h. sie müssen wirklich geeignet sein, menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken und Verletzungen zu verhindern bzw. zu beenden, und nicht nur pro forma durchgeführt werden. Zudem muss potenziell von Menschenrechtsverletzungen betroffenen Personen eine verlässliche Möglichkeit gegeben werden, von ihrem Antragsrecht Gebrauch zu machen und die Überprüfung eines Unternehmens durch die Behörde zu veranlassen. Hierzu muss das BAFA ein Beschwerdeverfahren etablieren, das den Wirksamkeitskriterien der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte gerecht wird. Dies sind etwa die Zugänglichkeit durch sprachliche Vielfalt des Beschwerdekanals, die Orientierung am Rechtsschutzziel und die Berechenbarkeit durch ein klar geregeltes Verfahren mit vorhersehbarem zeitlichem Rahmen.
Für eine effektive Behördentätigkeit ist zudem entscheidend, dass das BAFA Hinweisen von Dritten, wie NGOs und Gewerkschaften, nachgeht und zivilgesellschaftliche Expertise aktiv einbezieht und systematisiert. Nur so wird es dem BAFA beispielsweise möglich sein zu bewerten, ob Unternehmen „substantiierte Kenntnis“ von menschenrechtlichen Missständen in einer bestimmten Produktionsregion hatten. In diesen Fällen schreibt das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz den Unternehmen vor, auch für die mittelbaren Zulieferer eine Risikoanalyse durchzuführen und Maßnahmen zu ergreifen.
Damit sich zivilgesellschaftliche Akteure, Wissenschaft und die interessierte Öffentlichkeit im Sinne eines modernen Verwaltungsvollzugs ein Bild über die Kontrolltätigkeit des BAFA machen können, muss das BAFA darüber entsprechend detailliert Bericht erstatten und den gesetzlich vorgeschriebenen jährlichen Rechenschaftsbericht aussagekräftig gestalten. Schließlich muss sichergestellt werden, dass das BAFA über ausreichend und menschenrechtlich geschultes Personal verfügt, um diesen umfangreichen Aufgaben gerecht werden zu können.
Maren Leifker (Brot für die Welt)