Die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte formulieren neben der staatlichen Schutzpflicht auch die Verantwortung von Unternehmen für die Menschenrechte. Anknüpfend an andere Sorgfaltsprozesse in der Unternehmensführung beschreiben sie ein Verfahren zur Ausübung menschenrechtlicher Sorgfalt („human rights due diligence“), bei dem Unternehmen die menschenrechtlichen Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit identifizieren, negativen Auswirkungen vorbeugen und eingetretene Schäden beheben und wiedergutmachen sollen. Konkret beinhaltet diese menschenrechtliche Sorgfalt folgende Elemente:
- eine Grundsatzerklärung, dass das Unternehmen die Menschenrechte achtet, und die Entwicklung einer Unternehmenspolitik zu Menschenrechten, die entlang der gesamten Unternehmensstruktur in die Entscheidungsprozesse integriert wird;
- die kontinuierliche Analyse der Auswirkungen der eigenen Tätigkeit und Geschäftsbeziehungen auf die Menschenrechte unter Einbeziehung der betroffenen Zivilgesellschaft;
- das Ergreifen effektiver Gegenmaßnahmen, um die Missstände zu beheben und wiedergutzumachen;
- die Einrichtung von oder Beteiligung an Beschwerdemechanismen, die für die Betroffenen zugänglich sind;
- die Einrichtung einer Kommunikationsstruktur, die es externen Stakeholdern ermöglicht, die Effektivität der getroffenen Gegenmaßnahmen zu beurteilen.
Diese Verantwortung von Unternehmen bezieht sich nicht nur auf die menschenrechtlichen Auswirkungen ihrer eigenen Aktivitäten, sondern auch auf Auswirkungen, die direkt mit Operationen, Gütern und Dienstleistungen in ihren Geschäftsbeziehungen entlang der Wertschöpfungskette verbunden sind, auch wenn die Unternehmen selbst zu diesen Auswirkungen nicht beigetragen haben.
Dies bedeutet, dass Unternehmen auch für ihre Wertschöpfungskette Verantwortung tragen. Das Ausmaß der Pflichten hängt von den Einflussmöglichkeiten und der jeweiligen Gefährdungslage ab. Das Mutterunternehmen muss seine Kontroll- und Einflussmöglichkeiten gegenüber Tochterunternehmen und Geschäftspartnern nutzen, um menschenrechtliche Gefährdungslagen zu erkennen und Verletzungen zu verhindern. Ist die Vermeidung schwerer Menschenrechtsverletzungen nicht möglich, beziehungsweise außerhalb der unternehmerischen Einflusssphäre, sollte das Unternehmen von der Geschäftstätigkeit absehen.
Mittlerweile gibt es zahlreiche Erläuterungen zur menschenrechtlichen Sorgfalt und Hilfestellungen für Unternehmen bei der Umsetzung.
Dennoch wenden bisher nur wenige Unternehmen die oben beschriebenen Verfahren an und kommen ihrer Sorgfaltspflicht für ihre Geschäftstätigkeit angemessen nach. Für eine umfassende, transparente und überprüfbare Umsetzung des Konzepts bedarf es daher klarer gesetzlicher Anforderungen. Die Förderung freiwilliger Sozialstandards reicht nicht aus, um die Einhaltung menschenrechtlicher und ökologischer Sorgfaltspflichten durch deutsche Unternehmen sicherzustellen – sie muss durch ein Gesetz geregelt werden. Kommt es dann zu Verstößen gegen die Menschenrechte oder Umweltstandards – auch im Ausland – in Zusammenhang mit der Tätigkeit eines Unternehmens und kann das Unternehmen nicht nachweisen, dass es seiner Sorgfaltspflicht angemessen nachgekommen ist, muss es für den eingetretenen Schaden haften. Der Grad der Haftung muss dabei variieren, u. a. in Abhängigkeit davon, wie direkt das Unternehmen an der Menschenrechtsverletzung beteiligt war, ob es die möglichen und angemessenen Präventionsmaßnahmen getroffen hat oder ob der Schaden nicht vorhersehbar war. Vorschläge, wie die Unternehmenshaftung geregelt werden kann, sind in verschiedenen Gesetzesvorschlägen enthalten. Neben Schadenersatzzahlungen, Bußgeldern und Strafen sollte auch der Ausschluss von öffentlichen Aufträgen und Exportförderung als Durchsetzungsinstrumente vorgesehen werden.