„Deutschland braucht einen gesetzlichen Rahmen, der Unternehmen verpflichtet, Menschenrechte und Umweltstandards entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu achten. Skrupellose Geschäftspraktiken dürfen sich nicht länger lohnen“, fordert die Initiative Lieferkettengesetz. Sie ist ein Bündnis aus mittlerweile 74 Organisationen aus den Bereichen Menschenrechte, Entwicklung, Umweltschutz sowie Gewerkschaften und Kirchen. Auch das CorA–Netzwerk gehört zu den Trägerorganisationen. Am 10. September 2019 ging die Kampagne mit einer demonstrativen Auftaktaktion vor dem Reichstagsgebäude an die Öffentlichkeit. Mit bundesweiten und regionalen Aktionen machen seither Engagierte auf Menschenrechtsverstöße und Umweltzerstörung aufmerksam und werben für die Beteiligung an der Kampagne. Das Bündnis treibt ein gemeinsames Ziel an: faire Geschäftspraktiken weltweit. Fast 80.000 Menschen haben die Petition „Frau Merkel, wir brauchen endlich ein Lieferkettengesetz!“ bereits unterzeichnet.
Die Botschaft der Initiative an die Bundesregierung „Gegen Gewinne ohne Gewissen hilft nur noch ein gesetzlicher Rahmen“ ist eindeutig. Um die Notwendigkeit eines Gesetzes zu verdeutlichen, stellt die Initiative sechs Fallbeispiele von Menschenrechtsverletzungen unter Beteiligung deutscher Unternehmen auf ihrer Website vor: von einer brennenden Fabrik mit zugesperrten Notausgängen in Pakistan über Kinderarbeit auf Kakaoplantagen in Côte d’Ivoire bis zum Einsatz von giftigen Pestiziden in Brasilien. Die Beispiele stehen exemplarisch für strukturelle Probleme – in vielen Branchen kommt es immer wieder zur Missachtung von grundlegenden Menschenrechten oder der Zerstörung der Umwelt.
Die Initiative fordert daher unabhängig davon, wie viele Unternehmen im Rahmen des NAP – Prozesses Sorgfaltsprozesse vorweisen können, ein Gesetz. Denn selbst wenn nur eine Minderheit der Wirtschaftsakteure ihren international verankerten Pflichten nicht nachkommen sollte: Menschen und Umwelt entlang von Lieferketten brauchen verlässlichen Schutz durch einen rechtlichen Rahmen!
Die Anforderungen an ein wirksames Lieferkettengesetz beschreibt das Bündnis folgendermaßen: Unternehmen sollen gemäß der Sorgfaltspflichten aus den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte ihre menschenrechtliche Risiken analysieren. Auf dieser Basis sollen sie zumutbare Maßnahmen zur Verhinderung von Schäden für Mensch und Natur ergreifen. Zudem sollen sie transparent über identifizierte Risiken und die ergriffenen Gegenmaßnahmen berichten und wirksame Beschwerdemechanismen für Betroffene einrichten. Die Sorgfaltspflichten betreffen dabei die gesamte Geschäftstätigkeit eines Unternehmens, also von der Rohstoffgewinnung bis zur Entsorgung. An lückenhafte oder fehlerhafte Berichterstattung müssen klare Konsequenzen geknüpft sein, wie Bußgelder oder der Ausschluss von öffentlichen Aufträgen und Außenwirtschaftsförderung. Hat ein Unternehmen keine angemessenen Sorgfaltsmaßnahmen ergriffen und ist dadurch ein vorhersehbarer und vermeidbarer Schaden entstanden, muss das Unternehmen gegenüber den Geschädigten haften. Da Betroffene von Schäden keinen Einblick in die internen Unternehmensprozesse haben, muss das Gesetz eine Beweislastumkehr regeln.
Damit hat die Zivilgesellschaft einen Vorschlag für ein wirksames Lieferkettengesetz geliefert. Nun liegt es an der Bundesregierung, sich dem anzunehmen. Aus Sicht der Initiative Lieferkettengesetz ist das eine Selbstverständlichkeit: „Wer Schäden anrichtet, muss Verantwortung übernehmen!“ , lautet eine der zentralen Botschaften.
Cora Zschiesche (Initiative Lieferkettengesetz)
Auszug aus dem CorA-Newsletter 2019-11