Mit dem am 21.12.2016 verabschiedeten Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) war die Bundesregierung weit hinter den Erwartungen der Zivilgesellschaft zurückgeblieben, menschenrechtliche Sorgfaltspflichten für alle Unternehmen verbindlich festzuschreiben. Kein Mut zu mehr Verbindlichkeit hatten das CorA-Netzwerk und seine Partner ihre Stellungnahme zum NAP damals tituliert. Nicht einmal für Staatsunternehmen machte die Bundesregierung verbindliche Vorgaben. Ebenso wenig konnte sie sich zum Ausschluss von Unternehmen von öffentlichen Aufträgen, Subventionen oder Außenwirtschaftsförderung bei Missachtung der Sorgfaltspflichten durchringen. Stattdessen äußert der NAP nur die explizite Erwartung, dass Unternehmen ihre Sorgfaltspflichten wahrnehmen. Positiv ist lediglich das geplante jährliche Monitoring der Umsetzung durch die Unternehmen. Bis 2020 sollen 50% der großen Unternehmen die Erwartung erfüllen. Geschieht dies nicht, sollen gesetzgeberische Schritte erwogen werden.
Dieses Monitoring in Auftrag zu geben, ist momentan eine der zentralen Aufgaben des Interministeriellen Ausschusses (IMA), der die NAP-Umsetzung koordiniert. Er wird von der AG Wirtschaft und Menschenrechte begleitet, in der sowohl Wirtschaftsverbände als auch Zivilgesellschaft und Gewerkschaften vertreten sind. Für die zivilgesellschaftlichen Vertreter*innen ist es bei der Monitoring-Studie zentral, dass die Auftragnehmer profunde Menschenrechtskenntnis nachweisen können und ein schlüssiges Konzept für die Stichprobenauswahl sowie die Bewertung, ob ein Unternehmen seine Sorgfaltspflicht erfüllt, vorlegen. Keinesfalls dürfen Unternehmen, die auf die Befragung nicht antworten, aus der Bewertung herausfallen. Zudem darf es nicht nur darum gehen, welche policies die Unternehmen vorzuweisen haben, sondern auch, wie sich die Situation vor Ort tatsächlich darstellt. Große Bedenken haben CorA und seine Partnernetzwerke in Bezug auf die geplante Intransparenz der Erhebung und mögliche Einflussnahme des IMA auf die Ergebnisse. Bisher verweigert die Bundesregierung sogar die Auskunft darüber, welche ca. 6.000 Unternehmen über 500 Mitarbeiter*innen haben und somit der Überprüfung unterliegen.
Neben der Erwartung an Unternehmen, ihrer Sorgfaltspflicht nachzukommen, umfasst der Nationale Aktionsplan auch die Schutzpflicht des Staates und den Zugang zu Recht für Betroffene von Menschenrechtsverletzungen. Zur ersterem gehören u. a. die Außenwirtschaftsförderung, die öffentliche Beschaffung und Handelsabkommen. Bisher kommen Fortschritte in diesen Bereichen jedoch nur langsam voran. So betont etwa das Wirtschaftsministerium, dass es die Leitfäden für die Menschenrechtsprüfungen bei der Vergabe von Hermesbürgschaften verbessert habe, verweigert aber deren Veröffentlichung, so dass sich diese Aussage nicht überprüfen lässt. In Bezug auf Handelsabkommen und Zugang zu Recht beginnen erst allmählich die Diskussionen. Lediglich die Umstrukturierung der Nationalen Kontaktstelle, bei der jetzt auch Beschwerden gegen Unternehmen wegen Verletzungen der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte vorgebracht werden können, ist in Form eines Peer Reviews bei der OECD bereits im Gang. Das CorA-Netzwerk erwartet in Bezug auf beide Säulen noch deutliche Fortschritte (s. a. Beitrag zur öffentlichen Beschaffung weiter unten).